Schmidt aus Neukirch/Lausitz

meine Taufkirche in Neukirch/Lausitz
meine Taufkirche in Neukirch/Lausitz

In dieser Kirche in Neukirch/Lausitz wurde ich am 2. Juni 1962 getauft. Da ich schon 6 Monate alt war, erlaubte ich mir einen kleinen Spaß mit dem Pfarrer und zog ihn am "Beffchen". 

Warum in Neukirch, wo mein Geburtsort doch Halle/Saale ist? Mein Vater und meine Großeltern stammen aus diesem Ort. Die Großeltern Erich Fritz  und Frida Schmidt (geb. Roch *1905 in Belmsdorf) hatten eine Bäckerei in der Dresdener Straße 2. Die Bäckerei wurde 1965 von der HO übernommen, die Großeltern wohnten weiterhin in ihrem Haus. 

 

 

 

Frida Roch und Erich Fritz Schmidt 1935
Frida Roch und Erich Fritz Schmidt 1935
Dresdener Str. 2 (hinter dem Haus die ehemalige Backstube)
Dresdener Str. 2 (hinter dem Haus die ehemalige Backstube)

Erich Fritz Schmidt * 1907 hatte 3 Brüder. Die Eltern waren Ewald Richard Schmidt und Fanny Berta Marie Hultsch. Das Foto  zeigt die Familie ca. 1916.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ewald Richard, Walter Richard, Erich Fritz, Rudolf Ewald, Fanny B. M. Hultsch

ca. 1916

 

 

Ewald Richard Schmidt wurde 1881 in Oberputzkau Nr. 19 als Sohn des Häuslers und Schlossermeisters Carl August Schmidt und dessen Ehefrau Martha Emilie Hille geboren.

 Er war Bäckermeister, heiratete 1905 Fanny Bertha Marie Hultsch in Niederneukirch. 4 Söhne wurden geboren, der erste starb bereits mit 5 Monaten. Die anderen Söhne waren gerade mal zwischen 4 und 11 Jahre alt, als ihr Vater  am 15. Juli 1918 im 1. Weltkrieg fern der Heimat in  fiel. Er wurde 37 Jahre alt.

Qelle: Verlustlisten 1. WK vom 10. Sept. 1918

 http://des.genealogy.net/search/show/7886688

 

Hier ist eine weitere Quelle, die zeigt, dass er Gefreiter des Königlich Sächsisches Leibgrenadier-Regiment Nr. 100 der 8. Kompanie war.

http://denkmalprojekt.org/2011/vl_kgl_saechs_leibreg_100_wk1_8komp.html

 

Im Wahnsinn dieses Krieges liest sich der französische Heeresbericht  so:

 

16. Juli 1918.
Im Verlaufe des 16. Juli machten die Deutschen, die ihren tags zuvor von uns gebrochenen Generalangriff nicht wieder aufnehmen konnten, heftige Anstrengungen, um ihre örtlichen Erfolge zu vergrößern. Am Morgen und am Nachmittag war die Schlacht besonders erbittert südlich der Marne. Die feindlichen Streitkräfte suchten flußauswärts zu kommen. Unsere Truppen verlangsamten den Stoß des Gegners durch einen Verteidigungsnahkampf, indem sie sich auf der Linie Oeuilly-Leuvrigny behaupteten. Wir unternahmen unsererseits einen Gegenangriff aus der Front St. Agnan-La Chapelle-Monthodon. Unsere Truppen nahmen die beiden Ortschaften und verlegten ihre Linie wieder auf die Höhen, die das Marne-Tal beherrschen, in der Gegend von Bourdonnerie und Clos-Milon. Zwischen der Marne und Reims wiesen die französisch-britischen Truppen mehrere Angriffsversuche ab und behaupteten ihre Stellungen. Östlich von Reims setzten die Deutschen heute morgen wieder mit heftiger Artillerievorbereitung ein, der an mehreren Stellen der Front Angriffe folgten. Ein mächtiger Angriffsversuch in der Richtung Beaumout-sur-Vesle vermochte nicht auf Prunay vorzustoßen. Im Suippe-Abschnitt brachen 2 westlich des Flusses geführte
Angriffe in unserem Feuer zusammen. Nicht weniger lebhaft war der Kampf in der Gegend nördlich von Prosnes und östlich von Tahure, wo der Feind ebenfalls angriff. Seine Anstrengungen waren überall vergebens und seine Sturmtruppen wurden mit schweren Verlusten abgewiesen. - Befehle, die bei Gefangenen gefunden wurden, bestätigen, daß der Angriff an der Champagne-Front, der von 15 Divisionen erster Linie und 10 Reservedivisionen geführt wurde, am ersten Tage ein Vorrücken von 20 km erzielen und rechts hin die Marne erreichen sollte. 

 

Der Tag aus deutscher Sicht. Da kämpften seine Kameraden schon ohne den Gefreiten Ewald Schmidt, der am Vortag gefallen war. 

 

Südwestlich und östlich von Reims sind wir gestern in Teile der französischen Stellungen eingedrungen. An den Vorbereitungen für die artilleristische Kampfführung hatten Vermessungstruppen besonderen Anteil. Artillerie, Minenwerfer und Gaswerfer öffneten durch ihre vernichtende Wirkung im Verein mit Panzerwagen und Flammenwerfern der Infanterie den Weg in den Feind. 

 

Die Armee des Generalobersten v. Böhn hat zwischen Jaulgonne und östlich von Dormans die Marne überschritten. Pioniere setzten im Morgengrauen die Sturmtruppen über den Fluß und schufen damit die Grundlage für den Erfolg des Tages. Infanterie erstürmte die steilen Hänge auf dem Südufer der Marne. Unter ihrem Schutz vollzog sich der Brückenschlag. In stetem Kampf durchstießen wir das zäh verteidigte Waldgelände der ersten feindlichen Stellung und warfen den Feind auf seine rückwärtigen Linien bei Condé-La Chapelle-Comblizy -Mareuil zurück. Auch nördlich der Marne entrissen wir Franzosen und Italienern ihre erste Stellung zwischen Ardre und Marne.

 

http://www.stahlgewitter.com/18_07_16.htm

 

Der 1.Weltkrieg endete am 11.November 1918....nur 4 Monate nach Ewalds Tod.  

 

 

 

 

 

Fortan zog Fanny die Kinder allein groß. Was für eine Leistung! Sie überlebte ihren Mann um 32 Jahre und wohnte in  Neukirch, Ziegeleiweg. In der Familie sagte man: " wir gehn zu Angermüllersch."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 1942 Fanny Schmidt geb. Hultsch

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch für die Eltern von Ewald war der Verlust des Sohnes durch den Krieg sicher sehr schmerzlich. 

Vater Karl August Schmidt wurde am 18. Sept. 1852 in Tröbigau geboren.

Mutter Martha Emilie Hille am 22. Nov. 1857 in Oberputzkau.

 

Hier der Wortlaut der Eheurkunde:

Standesamt Niederputzkau Nr. 20

 

Niederputzkau am fünften Oktober tausend acht hundert und achtzig

Vor dem unterzeichneten Stadnesbeamten erschienen heute zum Zweck der Eheschließung:

1. Der Schlossermeister Carl August Schmiedt der Persönlichkeit nach bekannt, evang. Lutherischer Religion, geboren den achtzehnten September

des Jahres tausend acht hundert fünfzig und zwei zu Tröbigau, wohnhaft zu Oberputzkau .. Cat. Nr. 19

Sohn des Nahrungsbesitzers Georg Schmiedt und dessen Ehefrau

Johanne Eleonore geborene Knecht wohnhaft zu Cössern bei Seitschen

die Näherin Martha Emilie Hille der Persönlichkeit nach bekannt,

evang.Luther. Religion, geboren den zweiundzwanzigsten November des Jahres tausend acht hundert fünfzig und sieben zu Oberputzkau wohnhaft zu

Oberputzkau  .. Cat. Nr. 32

Tochter des Häusler und Jungarbeiters Traugott Ernst Hille und dessen Ehefrau Christiane Auguste Steglich wohnhaft zu Oberputzkau.

Als Zeugen waren zugezogen und erschienen der Häusler und Jungarbeiter Traugott Ernst Hille der Persönlichkeit nach bekannt, vierundvierzig Jahre

alt, wohnhaft zu Oberputzkau .. Cat. Nr. 32

Der Gutsbesitzer Friedrich Erst Michel der Persönlichkeit nach bekannt,

Vierzig Jahre alt, wohnhaft zu Oberputzkau ..Cat. Nr. 111

 

In Gegenwart der Zeugen richtete der Standesbeamte  an die Verlobten einzeln und nacheinander die Frage: ob sie erklären, dass sie die Ehe mit einander eingehen wollen. Die Verlobten beantworteten diese Frage bejahend und erfolgte hierauf der Ausspruch des Standesbeamten, dass er sie nunmehr

Kraft des Gesetzes für rechtmäßig verbundene Eheleute erkläre.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben

Karl August Schmidt

 

Sie lebten bis zu ihrem Tod in Oberputzkau.

Kirche Putzkau
Kirche Putzkau

Carl Schmidts  Eltern waren der Nahrungsbesitzer Georg Schmidt * um 1800 und Johanne Eleonore Knecht * 6. Dez. 1800 in Oberputzkau.  Als Herkunftsort von Vater Georg ist Cossern bei Gaußig bzw. Seitschen angegeben. Ein Taufeintrag konnte in diesen Orten  nicht gefunden werden. 

Nahrungsbesitzer
 In der Niederlausitz jenseits  der Neiße war eine Nahrung ein normales Bauernanwesen, ein ganzes Dorf bestand also aus "Nahrungen". 
Vor der Neiße war der Begriff Gut anzutreffen.
Die Nahrungen in der Niederlausitz hatten teilweise nur 7 ha , so dass die Nahrungsbesitzer noch anderen Tätigkeiten nachgehen mussten, um ihre Familie überhaupt durchbringen zu können.

Das Reihendorf Cossern bestehend aus Bauernhöfen, bei denen es sich vorherrschend um Zwei- und Dreiseitenhöfe handelt. Das Erdgeschoß wurde aus Granodioritbruchstein gemauert, die Obergeschoße tragen verbrettertes Fachwerk, oft mit Schiefern behangen und darüber sind meist Schindeldächer. Ein Hungerstein befindet sich am Ortsausgang in Richtung Medewitz, unterhalb der letzen Wirtschaft an einer Stützmauer aus großem Granitfeldstein, die links die Böschung begrenzt. Die Inschrift ist eine Nachricht von einem Bauern an die Nachwelt, das um 1800 eine große Teuerung herrschte und damit auch eine große Hungersnot verbunden war. 

3 Generationen Schmidt